Tiefere Ursachen der Wirtschaftskrise — Ein Exkurs durch unser Finanzsystem
Fri, 31 Jul 2009
Tags: Weltfinanzkrise, Finanzsystem, Zinssystem, Schuldenfalle, Geldschöpfung, Wachstumszwang, FED, Bernd Senf, Edward Griffin, Margrit Kennedy
In den letzten Wochen habe ich mir verschiedene Begründungen für die derzeitige Wirtschaftskrise genauer angeschaut. Es gibt einige gute Erklärungen, die nicht nur den Anlass (die US-Hypothekenkrise) sodern auch die eigentlichen Hintergründe (grundlegende Mängel in unserem Finanzsystem) beschreiben. Im folgenden möchte ich einen kurzen Einstieg geben, weiter unten finden sich Videos welche die Problematik einfach erklären.
Kursabriss zu wahren Ursachen
Zinsen werden als etwas selbstverständliches betrachtet, doch sind sie das wirklich? Ich kenne keine rationale Begründung warum es Zinsen geben muss, dementgegen stehen aber einige durch Zinsen verursachte Probleme.
Wenn man einen verzinsten Kredit aufnimmt, muss man später mehr zurückzahlen als man ursprünglich bekommen hatte. Wo kommt dieses Geld aber her? Wenn man im beschränkten Raum denkt ist es möglich, dass der Schuldner von dritten Geld einnimmt und davon seine Zinsen an den Gläubiger zahlt. Wenn man global denkt, löst Geld von einem dritten das Problem aber nicht — Schuldner und Gläubiger wären sich dann zwar quitt, aber der Dritte hat dann weniger Geld als vorher. Es ist bewiesenermaßen unmöglich, dass in einem System mit konstanter Geldmenge alle Kredite zurückgezahlt werden können (unter der Bedingung, dass es überhaupt Schuldner und einen Zinssatz größer 0% gibt und dass keine Schulden erlassen werden).
Hier ein kleines Extremwert-Beispiel zum besseren Verständnis der Problematik: Angenommen in einem Wirtschaftssystem existieren eine Geldmenge in Höhe von genau 100 Talern und die beiden (juristischen) Personen A (wie arm) und B (wie Bill oder Bank). Was passiert nun, wenn der arme A eine größere Investition tätigen möchte und sich daher von B 96 Taler für ein Jahr zu einem Zinssatz von 5% leiht?
Richtig: A muss nach einem Jahr die 96 Taler + 5% Zinsen (4,80 Taler) zurückzahlen. Das macht zusammen 100,80 Taler — Aber es sind nur 100 Taler im Umlauf — Selbst wenn A all diese hätte, könnte er seine Schulden nie bezahlen!
Wenn Zinsen nicht abgezaht werden können, muss der Schuldner einen weiteren Kredit aufnehmen, was zu noch höheren Schulden durch Zins und Zinseszins führt, dies würde zu einer endlos wachsenden Schuldenbelastung führen die unumkehrbar ist (Schuldenfalle).
Die einzige Alternative, die das Rückzahlen der Zinsen ermöglicht, ist die Geldmenge zu erhöhen. Dies muss konstant in Höhe der Zinsen geschehen, führt also zu einem exponentiellen Wachstum der Geldmenge. Die Realwirtschaft kann langfristig nicht in gleichem Maße wachsen (auch wenn viele sogenannte Wirtschaftsexperten das immer wieder fordern), da wir nur nur endlich viele Ressourcen haben. Der Geldanteil, den die Geldmenge schneller wächst als die Realwirtschaft, ist ist nicht durch Werte gedeckt. Es gibt einen Überschuss an Geld, dies führt zum Wertverlust des Geldes, also einer Inflation.
Durch verschiedene Tricks (z.B. der Überschuldung des Staates) lässt sich die Tatsache der Geldentwertung längere Zeit verschleiern. Je länger dies der Fall ist, desto größer sind das Ungleichgewicht aus Geldmenge und Werten. Es muss in jedem Fall zu einer Geldentwertung kommen, deren Intensität (Höhe der Geldentwertung) von der Dauer seit der letzten Entwertung abhängt.
Die oben beschriebene Schuldenfalle und andere Auswirkungen des Zinsen gehören zu den Hauptursachen der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich. Der Zins zwingt den Staat sich immer weiter zu verschulden, was die Handlungsfähigkeit der Regierung einschränkt und zu einer Abhängigkeit von der Wirtschaft führt. Außerdem führt der Zins wie oben beschrieben zwangsläufig zu Krisen, die wirtschaftliche und soziale Folgen haben. Der Wachstumszwang führt weiterhin zu sehr großen ökologischen Problemen (Ausbeutung der vorhandenen Ressourcen).
Das soll an dieser Stelle erstmal reichen, detailiertere Informationen zur Zinsproblematik finden sich beispielsweise bei Prof. Bernd Senf. Ich bin aufgrund obriger Argumentation überzeugt, dass Zinsen eins der fundamentalen Probleme in unserem Finanzsystem darstellen. Alternativen (von denen es bereits einige gibt, die ich ein ander mal vorstellen werde) sollten unbedingt besser untersucht und ausprobiert werden. Neben der Zinsproblematik gibt es auch noch weitere grundsätzliche Probleme im Finanzsystem, die mir reformbedürftig erscheinen, Beiträge dazu werden ebenfalls folgen….
Empfohlene Videos
Besonders gut verständlich und leicht konsumierbar sind folgende Videos:
Warum überall Geld fehlt — Gib mir die Welt plus 5 Prozent
Dieser schöne Märchenfilm beginnt mit den Worten „Eventuelle Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten und Personen sind weder zufällig noch unbeabsichtigt“. Es zeigt unser Finanzsystem und seine Auswirkungen auf Wirtschaft und Machtverhältnisse. Der Film zeigt viele Zusammenhänge sehr anschaulich, erklärt aber kaum theoretische Grundlagen und zeigt auch keine Lösungen auf.
Warum überall Geld fehlt — Gib mir die Welt plus 5 Prozent
Money As Debt / Geld als Schuld
Auch dieser Zeichentrickfilm beschreibt zuerst die Funktionsweise der Geldschöpfung am Beispiel des Goldschmiedes und zeigt dann die resultierenden Probleme des Zinssystems und Lösungansätze auf. Abgerundet wird der Film durch prominte Zitate. Das Ende gibt einen kurzen Einblick zu den in diesem Zusammenhang verbreiteten Verschwörungstheorien, der Rest wirk auf mich aber wissenschaftlich fundiert und deckt sich mit anderen Quellen. Der Film ist nur ein Einstieg in dieses komplexe Thema, aber in meinen Augen ein sehr gelungener. Den Film gibt es im englischen Original, als auch in deutscher Synchronisation.
Geld als Schuld — Teil 1/5
Geld als Schuld — Teil 2/5
Geld als Schuld — Teil 3/5
Geld als Schuld — Teil 4/5
Geld als Schuld — Teil 5/5
Prof. Bernd Senf — Tiefere Ursachen der Weltfinanzkrise
Diese Vortragsserie von Prof. Bernd Senf gibt interessierten und geduldigen Zuschauern tiefe Einblicke in unser Wirtschafts- und Finanzsystem. Prof. Senf leitet auf humorvolle Art die gewichtigen Probleme ab, die noch von den wenigsten Ernst genommen werden, deren Auswirkungen aber bereits alle täglich spüren. Im letzten Teil werden Lösungsstrategien behandelt.
Prof. Bernd Senf — Tiefere Ursachen der Weltfinanzkrise — Teil 1
Prof. Bernd Senf — Tiefere Ursachen der Weltfinanzkrise — Teil 2
Prof. Bernd Senf — Tiefere Ursachen der Weltfinanzkrise — Teil 3
G. Edward Griffin — Creature From Jekyll Island — A Second Look at the Federal Reserve
Der Schriftsteller und Dokumentarfilmer G. Edward Griffin beschreibt in dieser Dokumentation die FED, unser Finanz- und Wirtschaftssystem, sowie Wege in eine bessere Welt…
G Edward Griffin — Creature From Jekyll Island — A Second Look at the Federal Reserve
Derzeit lese ich das Buch „Geld ohne Zinsen und Inflation“ der Ökologin Prof. Dr. Margrit Kennedy, es ist sehr gut geschrieben — Auch als Laie versteht man es und trotzdem gibt es keine offensichtlichen Lücken in der Argumentation. Ich werd hierüber bei Gelegenheit weiter berichten…
Wie schätzt ihr die hier genannten Probleme ein? Bitte sagt mir bescheid — interessiert mich!