Blog von Johannes Lötzsch

Internet in Moskau / WLAN-Reichweite vervie[l|r]fachen

Tue, 20 Oct 2009

Tags: Moskau, Internet, Tunnel, WiMAX, WLAN, Antenne, DIY, privat

Internet in Moskau

Bevor ich etwas über meine DIY-WLAN-Antennen schreibe, schnell erstmal eine Zusammenfassung der bisherigen Basteleien um ins Internet zu kommen:

Internetkabel im Wohnheim

Wenn man über 20€/Monat zahlen möchte, kommt ein Mann mit Bohrmaschine vorbei und legt ein Twisted-Pair-Kabel in das queer durch das Wohnheimzimmer. Für das relativ langsame und instabile Netz bin ich nicht bereit soviel zu zahlen, aber solange mein ehemaliger Mitbewohner diesen Anschluss hatte, habe ich ihn mitgenutzt.

Der Zugang ist per MAC-Filter und PPTP-Einwahl gesichert — Mit „macchanger“ und „network-manager-pptp-gnome“ war das kein großes Hindernis…

WiMAX

Für ebenfalls ca. 20€ / Monat kann man hier WiMAX nutzen (wenn man vorher noch die entsprechende Hardware kauft). Für das Aufladen (Prepaid) gibt es viele inovative Möglichkeiten. Die Datenrate hängt leider sehr von Standort und Tageszeit ab…

Die Linux-Unterstützung für „Mobile WiMAX USB Modem Samsung SWC-U200“ bringt das madwimax-Projekt — Nach dem Download der Sourcen reicht der „Dreisatz“ (./configuere; make; make install).

Uni-Netz

Das mir im MIIT zur Verfügung stehende Netz hat zwei Schönheitsfehler: Ich kann es nur nutzten, wenn das Institut offen hat (bin Abends schon mehr als einmal eingeschlossen worden) und der Zugang nach drausen ist nur über ein Proxy möglich (außer HTTP(S) und DNS kann ich keine Dienste nutzen).

Letzteres Problem umgehe ich mit einem HTTPS-Tunnel. Mit der SSH-Option „-o "ProxyCommand corkscrew 83.149.228.194 3128 %h %p"“ (83.149.228.194:3128 ist der Proxy) kann ich mich per SSH auf einen Server außerhalb verbinden, der auf einem freigegebenen (für HTTPS vorgesehenen) Port lauscht…

…Wenn ich erstmal eine SSH-Verbindung aufbauen kann, helfen mir die SSH-Optionen „-D 1080“ (SOCKS-Proxy) oder „-w 0:0“ (auf Client und Server jeweils miteinander gekoppelte Netzwerkschnittstellen tun0 anlegen) weiter. TCPoverTCP ist zwar nicht schön — in der Fall nehm ich es aber gerne in Kauf.

public WLAN

Die für mich günstigste Variante $immer Internet zu haben, ist das hier großflächig verfügbare öffentliche WLAN zu nutzen. Per Prepaid kann ich für <12€ einen Monat lang mit all meinen Geräten in der ganzen Stadt das Internet unsicher machen — persönliche Daten muss man dafür auch nicht abgeben (in Deutschland gibt es die VDS, hier gibt es anonymen Zugang für alle)!

Leider ist der Empfang in meinem Wohnheimzimmer so schlecht, dass fast jeder Verbindungsaufbau fehl schlägt und wenn eine Verbindung zu stande kommt, ist der Packet Loss extrem hoch und die nutzbare Datenrate unbrauchbar :/

Den Grund zeigt folgendes Bild (Aufnahme aus meinem Fenster): Der nächste Access Point ist zwei Blöcke weiter, hinter dem Plattenbau links im Hintergrund…

…$(irgendwo) dahinter ist der Access Point…

Ich sehe zwar das Netz (empfange die Signale des AP), aber habe keine ausreichende Sendeleistung um Pakete an ihn zu senden. Mit blosem erhöhen der Ausgangsleistung würde ich nicht sonderlich viel erreichen: Die dafür nötige Leistung wächst quadratisch zur zu überbrückenden Distanz — So würde man schnell am (aus gutem Grund) gesetzlich festgelegten Grenzwert (in Deutschland 100mW) bzw. dem Limit der auf dem Markt verfügbaren Geräte scheitern.

Die einzig sinnvolle Lösung lautet: die Strahlung gezielt in Richtung AP statt gleichmäßig in alle Richtungen zu senden — Statt der üblicherweise verbauten Rundstrahl-(Omni-)antenne (Antennen, mit denen eine Ebene um die Antenne herum abgedeckt werden soll) wird eine Richtantenne (Antennen, die den Großteil der Energie auf einen (möglichst kleinen) Sektor gebündelt absrahlen) benötigt.

Nach etwas Recherche und dem betrachten vieler lustiger Antennenkonstruktionen (aka Parabolic Cookware) stand die Idee zum Eigenbau fest. Da mir hier selbst für die „0-Euro-Antenne“ sämtliche Teile fehlten, habe ich mich für den Kauf von Teilen bei einem deutschen E-Shop entschieden. Dieser ist auf Antennenbedarf spezialisiert und hat gute Erklärungen und Bastelanleitungen auf seiner Seite. Neben einem USB-WIFI-Stick mit externem Antennenausgang (RP-SMA-Stecker), hoher Sendeleistung und Empfangsempfindlichkeit habe ich mir die Bauteile für eine Dosenerreger-Antenne und für eine Bi-Quad-Antenne bestellt (ich brauche nur eine, aber wenn ich einmal Versandkosten zahle muss sich der Spaß ja lohnen).

Hier ist meine Bi-Quad-Antenne im Einsatz: Mit CD als Reflektor, einer Styropor-Obstschale als Abdeckung und einer Halterung bestehend aus Hausmüll, 3 recycleten Reiszwecken und etwas Malergrep ;)

meine Bi-Quad-CD-Antenne

Ich habe verschiedene Varianten probiert, wie ich die Antenne ausrichten könnte (habe ja leider keinen Sichtkontakt zum AP). Am erfolgreichsten bin ich, wenn ich die Antenne neben die im Weg stehenden Hauser richte (Blickrichtung des oberen Fotos), das Signal durch viele Bäume hindurch schicke und an einem anderen Haus (auf dem Bild aufgrund der Bäume nicht sichtbar) reflektiere. Das ergibt eine Übertragungsstrecke von ca. 250m!

Ich erreiche einen Antennengewinn von ca. 12dBi; das ist als ob ich die Ausgangsleistung um Faktor 10(12/10)≈16 erhöht hätte — Damit erreiche ich quasi die vierfache Reichweite (bezogen auf freie Sicht) … Das ist mehr als ich brauche und darf. Daher kann/muss ich die Ausgangsleistung (Tx-Power) runtersetzen. Der AP arbeitet aber sicherlich trotzdem deutlich über dem in Deutschland zulässigen Höchstwert…

Ein erster Test hat eine Bandbreite von bis zu 1Mbit ergeben, das ist schonmal deutlich besser als alles andere was ich hier vorher hatte :)

Meine Mitbewohnerin (die sonst WiMAX nutzt) kam gerade rein, habe ihr (über meine interne WLAN-Karte) das Netz freigegeben — Jetzt freut sie sich, dass sie endlich mal wieder mit Bild skypen kann…

Überlege jetzt wie ich ihr das Netz auch dann zur Verfügung stellen kann, wenn ich und mein Laptop nicht zu Hause sind. Werd dann gleich mal probieren, ob ich das Kernelmodul für den USB-WLAN-Adapter auch für das OpenMoko kompiliert bekomme — Dann hätten wir einen schönen WLAN-Router ;)

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