Einschränkung der Versammlungsfreiheit in Sachsen
Thu, 17 Dec 2009
Tags: Versammlungsfreiheit, Gesetzentwurf, Landtag Sachsen
Die Koalitionsparteien CDU und FDP wollen die Versammlungsfreiheit einschränken. „Mit dem Entwurf soll das Ziel der Koalitionsvereinbarung umgesetzt werden, das Versammlungsrecht zu ändern, um Extremisten in Sachsen deutliche Grenzen zu setzen.“. Das Ziel kann ich gut nachvollziehen, die Befürchtungen über die möglichen Auswirkungen sind aber (mindestens) genauso wenig von der Hand zu weisen.
Die Oppositionsparteien sind geschlossen gegen das Vorhaben. Die SPD fasst die Kritikpunkte schön zusammen:
- Die Versammlungsfreiheit ist Kernbestandteil der Grundrechte in unserer Demokratie und darf nicht über Gebühr eingeschränkt werden
- Das derzeit geltende Recht gibt ausreichende und wirksame Handhabe
- Dem Missbrauch des Versammlungsrechts durch Rechtsextremisten muss entschieden entgegen getreten werden — auf der Straße. ...
Es stellt sich die Frage, (ob/)wann auch Gegendemonstrationen — die laut CDU in den letzten Jahren „zu erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ geführt haben — verboten werden. Wie sind diese Störungen gegen die Grundrechte der Demokratie abzuwägen? Wo sind die Grenzen? Welche Meinungsäußerungen sollen künftig erlaubt oder verboten werden?
Linke und Piraten kritisieren den Entwurf und dass ausgerechnet die Koalitionsparteien bei den meisten Gegendemos durch ihre Abwesenheit auffallen.
Die Grünen haben jetzt für den 15. Januar 2010 zu einer Diskussion unter dem Motto „Ge(h-)denken ohne Versammlungsfreiheit?“ eingeladen. Ich werde aufgrund der räumlichen Distanz leider nicht dabei sein können. Würde mich aber freuen, wenn der ein oder andere von Euch sich mit dem Thema beschäftigt und einbringt…
…Den aktuellen Gesetzentwurf gibt es hier.
Update:
Allen, die sich weitergehend mit der Problematik beschäftigen möchten, kann diese Analyse von Johannes Lichdi empfehlen. Er setzt sich mit dem Gesetzentwurf juristisch auseinander und kommt mehrfach zu dem Schluß, dass der Entwurf (offensichtlich) verfassungswidrig ist.
Als ich das gelesen habe, kam mir ein böser Gedanke: Was wenn die Nazis erfolgreich gegen das Gesetz klagen? Klingt etwas wie das Debakel um das NPD-Verbot :/
Sein Schlusswort gefällt mir sehr gut: „Der Staat, der bestimmte Meinungsäußerungen verbieten möchte, offenbart seine eigene Unsicherheit. Er hat kein Vertrauen, dass die entsprechenden Meinungen in einer freien und öffentlichen Auseinandersetzung aufgrund ihrer moralischen Verkommenheit und intellektuellen Schlichtheit in den Hintergrund geraten.
Diesen Triumph sollte man den Feinden der Demokratie nicht gönnen!“